Pfarrkirchen. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken im Landkreis Rottal-Inn haben auch im herausfordernden Jahr 2022 ihre Kraft und Stabilität unterstrichen und eine starke Bilanz für das Geschäftsjahr 2022 vorgestellt.
Stabil und kraftvoll in herausfordernden Zeiten
Die Volks- und Raiffeisenbanken im Landkreis erweisen sich als starker Partner im Kundengeschäft
Erstmals waren bei der Präsentation der Geschäftszahlen im Marktunterstützungszentrum der VR-Bank Rottal-Inn in Pfarrkirchen auch Bürgermeister des Geschäftsgebiets sowie der stellvertretende Landrat Kurt Vallée vor Ort.
„2022 war der Höhepunkt der zurückliegenden Krisenjahre: Corona, Ukraine-Krieg, gestiegene Energiepreise, Lieferkettenstörungen, Inflation und Turbulenzen auf den Kapitalmärkten. All diesen Themen zum Trotz haben wir ein starkes Ergebnis erzielt“, sagt Albert Griebl, Vorsitzender des Kreisverbandes der Volksbanken und Raiffeisenbanken Rottal-Inn.
Die zwei im Landkreis beheimateten Kreditgenossenschaften, die Raiffeisenbank Arnstorf eG und die VR-Bank Rottal-Inn eG setzten ihre positive Entwicklung fort und befinden sich weiter auf Wachstumskurs.
Kreditvolumen wächst um über fünf Prozent
Die Bilanzsumme ist um 2,5 Prozent auf 4,413 Milliarden Euro gestiegen. Dafür verantwortlich zeichnet ein starkes Wachstum beim Kreditvolumen – um 5,1 Prozent auf nun 3,941 Milliarden Euro.
„Die im Jahresverlauf rückläufigen Finanzierungsanfragen bremsten auf Jahressicht das Kreditwachstum nur leicht“, sagt Griebl. Im Privatkundengeschäft stieg das Kreditvolumen um 6,1 Prozent auf 1,584 Milliarden Euro. „Treiber dieses Wachstums war die bis in die Sommermonate hohe Nachfrage nach langfristigen Immobilienkrediten. Diese Nachfrage hat sich mittlerweile merklich abgekühlt“, so Griebl.
Im gewerblichen Bereich wuchs das Kreditvolumen um 4,4 Prozent auf 2,357 Milliarden Euro.
Die Kreditnachfrage bei den erneuerbaren Energien stieg um 3,0 Prozent auf 439 Millionen Euro an, den Großteil davon machten mit 413 Millionen Euro Photovoltaikanlagen aus.
„Die sich vollziehende Energiewende ist ein Generationenprojekt, das wir als starker, regionaler Partner mittragen und an dem wir uns auch aktiv beteiligen“, sagt Griebl. „Wir sehen bei den erneuerbaren Energien eine große Chance für die lokale Wertschöpfung.“
Aber auch die Regionalbanken spürten die geopolitischen Veränderungen, insbesondere den Angriff Russlands auf die Ukraine und dessen Folgen: Die beschleunigte Inflation belastete Wirtschaft und Gesellschaft.
In diesem Umfeld stabilisierte sich das Einlagengeschäft auf hohem Niveau und wuchs um 0,2 Prozent auf 4,907 Milliarden Euro. Die betreuten Kundengelder wuchsen auf 3,059 Milliarden Euro (+ 2,1 Prozent), während das außerbilanzielle Kundenanlagevolumen leicht um 2,7 Prozent auf 1,848 Milliarden Euro zurückging.
Mehr Mitglieder, mehr Kunden, mehr Gewerbsteuer
Gestiegen ist dagegen die Mitgliederzahl auf 49.586, so dass die beiden Genossenschaftsbanken zuversichtlich sind, die 50.000er-Marke bald zu knacken.
Auch die Anzahl der Kunden hat mit 117.476 im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. „Bei einer Einwohnerzahl von rund 120.000 Menschen im Landkreis Rottal-Inn lässt sich sagen, dass fast jeder Bürger des Landkreises Kunde bei einer Genossenschaftsbank ist. Darauf können wir stolz sein“, sagt Griebl.
Als Arbeitgeber spielen die Raiffeisenbank Arnstorf und die VR-Bank Rottal-Inn weiterhin eine wichtige Rolle in der Region. 646 Mitarbeitende sorgen in 44 Geschäftsstellen und internen Bereichen für die optimale Betreuung der Kunden.
Aus den Beschäftigungsverhältnissen resultiert eine abzuführende Lohnsteuer von 5,5 Mio. Euro. Die heimischen Kommunen dürfen sich wieder über eine Gewerbesteuerzahlung in Höhe von 5,4 Mio. Euro freuen.
Ein besonderes Augenmerk legen die Banken auf die Förderung der eigenen Fachkräfte. Aktuell sind 44 Auszubildende im Einsatz.
Das regionale Engagement spiegelt sich in einer Spendensumme von 279.000 Euro für Vereine, Kindergärten, Schulen sowie gemeinnützige, soziale und karitative Einrichtungen im Landkreis wider.
„Wir sind stolz, dass wir trotz der schwierigen Großwetterlage so gut durch das Jahr 2022 gekommen sind. Das ist ein Beweis, dass wir regionale Banken nichts an Attraktivität eingebüßt haben. Genossenschaft ist so modern wie nie“, so der Kreisverbandsvorsitzende Albert Griebl.
„Die guten Wachstumszahlen zeigen, dass es uns offensichtlich gut gelungen ist, mit unserer regionalen Nähe und unserem Leistungsangebot das Vertrauen der Kunden zu gewinnen“, betont Griebl.
Politik beim Wohnungsbau in der Pflicht
Neben der Präsentation der Zahlen richtete Griebl den Blick auch auf weitere aktuelle Themen. So sprach er angesichts der weiter steigenden Zinsen auch über die ins Stocken geratene Baukonjunktur.
Aufgrund des Preisanstiegs und der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) kamen auf Interessierte in der Baufinanzierung erhebliche Mehrkosten zu. Für eine neue Immobilie mussten im Schnitt nicht mehr 500.000 Euro Baukosten angesetzt werden wie noch 2021, sondern erheblich mehr.
„Die Baufinanzierung sah 2022 ganz anders aus als noch in den Jahren zuvor. Die Mehrbelastung für Zinsen und Tilgung betrug im Jahresvergleich aufgrund von höheren Preisen für Material und Personal sowie steigenden Zinsen etwa 1.000 Euro pro Monat“, sagt Griebl.
Im Laufe des Jahres ist mit weiteren Erhöhungen des Leitzinses durch die EZB zu rechnen – einige Experten gehen von Erhöhungen bis 3,75 Prozent aus.
Um den Einbruch im privaten Wohnungsbau zu stoppen, sieht Griebl auch die Politik in der Pflicht. „Es braucht steuerliche Anreize für den Erwerb von eigengenutzten Immobilien. Auch die Möglichkeit von Sonderabschreibungen für Kauf- und Baunebenkosten sollte geprüft werden.“
Provisionsberatung hilft Kleinanlegern Vermögen aufzubauen
Kritisch bewertet Griebl auch die Pläne der EU-Kommission, provisionsbasierte Beratung zu verbieten. „Die Provisionsberatung sichert allen Teilen der Bevölkerung einen professionellen Vermögensaufbau und die Teilhabe am Kapitalmarkt“, sagt Griebl. „Vor allem Verbraucherinnen und Verbraucher mit geringen und mittleren Anlagebeträgen würden durch die Honorarberatung von der Beratung abgeschnitten.“
„Welche Auswirkungen eine ausschließliche Honorarberatung hat, zeigt ein Blick in das Vereinigte Königreich, wo Provisionen 2013 verboten wurden. Dort ist eine Beratungslücke für Kleinanleger bereits Realität“, sagt Griebl.
Sprengung von Geldautomaten: Griebl will kein Risiko eingehen
Neben der Beratung gehört auch die Versorgung mit Bargeld zu den Aufgaben der Banken vor Ort. Dass immer mehr Geldautomaten ins Visier von Kriminellen geraten, sieht Griebl mit großer Sorge. Besonders die immer gefährlicheren Geldautomatensprengungen bringen auch Gefahrenpotenzial für die Bevölkerung mit sich. Die Zahl der gesprengten Geldautomaten schnellte 2022 nach oben. Deutschlandweit gab es fast 500 Angriffe – so viele wie noch nie.
Ende Oktober 2022 versammelte Griebl Verantwortliche der Genossenschaftsbanken in Niederbayern in Pfarrkirchen, um sich mit Spezialisten des LKA und der Kripo auszutauschen.
„Die Gefährdungsanalyse des LKAs steht aktuell noch aus. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass die Resultate dazu führen, dass Standorte geschlossen werden“, sagt Griebl. „Das Risiko, dass Menschen zu Schaden kommen, will ich nicht eingehen.“
Als Präventionsmaßnahme ist aktuell an vier Standorten in der Zeit von 23 bis 5 Uhr kein Zugang möglich.
Digitaler Euro darf Bargeld nicht ersetzen
Jeder zweite Kunde in Deutschland zahlt am liebsten immer noch bar. Deshalb beobachtet Griebl auch die Pläne der EZB zum digitalen Euro mit Skepsis.
„Der digitale Euro kann eine Alternative für digitale Zahlungsabwicklungen sein, darf aber nicht darauf angelegt sein, Bargeld gezielt zu verdrängen. Bargeld ist ein wichtiger Teil der persönlichen Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte, den es zu erhalten gilt“, sagt Griebl.
Aktuell findet eine Untersuchungsphase statt. Das Projektteam, besetzt mit Expertinnen und Experten der EZB und den nationalen Zentralbanken, geht dabei der Frage nach, wie ein digitaler Euro aussehen könnte. Die Untersuchungsphase wird im Oktober 2023 abgeschlossen sein. Die Marktreife des digitalen Euro dürfte bis mindestens 2026 dauern, aber es gilt als sehr wahrscheinlich, dass er kommt.
Die EZB will eine digitale Version des Euros den Bürgerinnen und Bürgern der EU zugänglich machen. Sollten sie uneingeschränkten Zugang zum digitalen Euro erhalten, könnte dies zu einem massiven Abzug von Bankeinlagen zugunsten des digitalen Euro führen. Dies würde die Kreditvergabe hemmen und dem Mittelstand seine wichtigste Finanzierungsquelle entziehen.
„Auch hier ist die Politik gefordert, den Rahmen für den digitalen Euro vorzugeben und dies nicht der EZB zu überlassen“, sagt Griebl.